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Den Elektroautos gehört die Zukunft – davon sind die meisten Experten überzeugt. Bisher sind jedoch noch viele Fragen ungeklärt. Forscher von 33 Fraunhofer-Instituten haben sich daher im Projekt Fraunhofer Systemforschung Elektromobilität zusammengeschlossen, um die Elektromobilität ein großes Stück voranzubringen. Am 30. Juli 2011 wurde das zweijährige Projekt abgeschlossen: Die entwickelten Demonstratorfahrzeuge werden beim Abschlussevent am 2. September 2011 in Papenburg auf der ATP-Teststrecke präsentiert.

Künftig geht es leise zu auf den Straßen: Elektroautos sollen Diesel- und Ottomotoren langfristig ablösen. Noch gibt es jedoch etliche offene Fragen: Wie speichert man den »getankten« Strom in den Autos? Welche Stromnetze braucht man? Und wie läuft die Bezahlung beim Aufladen der Batterien? Um diese und viele weitere Fragen zu klären und die verschiedenen Komponenten der Elektroautos aufeinander abzustimmen, haben sich vor zwei Jahren Forscher von 33 Fraunhofer-Instituten zusammengeschlossen. Ziel dieser Kooperation ist es, die deutsche Automobil- und Zulieferindustrie dabei zu unterstützen, sich langfristig einen Spitzenplatz im Bereich der Elektromobilität zu sichern. Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF mit 34,5 Millionen Euro aus Mitteln des Konjunkturprogramms II.

»Wir kümmern uns um die systemübergreifenden Aspekte, beginnend bei der
Erzeugung der Energie bis hin zu den Geschäftsmodellen«, beschreibt Professor Ulrich Buller, Forschungsvorstand der Fraunhofer-Gesellschaft, den Ansatz der Systemforschung. »Insgesamt haben wir fünf Schwerpunkte bearbeitet: Fragen der dezentralen Energieerzeugung und des Energie-Transports zu den Fahrzeugen, Speicherung der Energie, Fahrzeugtechnik sowie Systemintegration. Es geht uns auch um neue Wertschöpfungsketten und um Akzeptanz der Elektromobilität. Im Jahr 2011 ist der Schwerpunkt »Funktion, Zuverlässigkeit, Prüfung und Realisierung« neu dazugekommen«, ergänzt Professor Holger Hanselka, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF und Koordinator des Projekts.

Nach Ablauf der Projektlaufzeit stellen die beteiligten Institute die Ergebnisse nun am 2. September auf der ATP-Teststrecke in Papenburg vor. Hier laden die Forscher zu einer Probefahrt mit den Versuchsfahrzeugen ein: Die Fraunhofer Entwicklungsfahrzeuge »Frecc0« erster und zweiter Generation stehen bereit. Basis dieser beiden Elektroautos ist der Artega GT, ein zweisitziger Sportwagen. »In den Frecc0 1.0 haben wir bereits käufliche Komponenten eingebaut und uns darauf konzentriert, das Zusammenspiel dieser Komponenten zu optimieren«, sagt Franz-Josef Wöstmann, Abteilungsleiter am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM in Bremen. Das IFAM hat die Projektleitung für den Aufbau des Demonstrationsfahrzeugs »Frecc0« übernommen.

Im »Frecc0 2.0« stecken von den Wissenschaftlern neu entwickelte Komponenten. Ein Beispiel sind Radnabenmotoren, die die Forscher vom IFAM gemeinsam mit den Kollegen der Fraunhofer-Institute für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB, für Werkstoffmechanik IWM und Betriebsfestigkeit und Zuverlässigkeit LBF konzipiert haben. »Wir haben den Motor von Anfang an für den europäischen Markt ausgelegt«, sagt Wöstmann. »Sein Durchmesser ist so gewählt, dass er in einer 15 Zoll-Felge Platz findet. An diesen zur Verfügung stehenden Bauraum ist der Motor angepasst: Dazu haben wir alle Komponenten mit möglichst hoher Leistungsdichte neu entwickelt – angefangen bei der Leistungselektronik über die Auslegung der Kühlung bis hin zum Design.« Da die Forscher den gesamten Antriebsstrang – also den gesamten Motor samt Mitteltunnel, Kardanwelle und Getriebe – aus dem Auto hinaus in die Radnaben gelegt haben beziehungsweise komplett darauf verzichten, sind völlig neue Fahrzeugkonzepte möglich. Bei einem Fahrzeug, das außen etwa die Größe eines Golfs hat, wäre der Innenraum dann etwa so groß wie bei einer S-Klasse. Ein weiterer Vorteil: Die Leistung kann bedarfsgerecht an jedem Rad bereitgestellt werden. Das bietet den Insassen eine höhere Sicherheit, da jedes einzelne Rad nicht nur separat abgebremst, sondern auch beschleunigt werden kann. Damit bietet der Radnabenmotor durch ein Torque Vectoring eine Weiterentwicklung des heute üblichen ESP. »Sämtliche Komponenten des Radnabenmotors sind für die Serienfertigung ausgelegt«, betont Wöstmann.

Eine weitere Innovation ist beispielsweise die gegossene Spule: Mit einem neuen Verfahren können die Fraunhofer-Forscher die Spulen nun gießen, statt sie wie bisher zu wickeln. Der Vorteil: Der Bauraum im Antriebsmotor wird besser ausgenutzt – gegenüber heute üblichen Füllgraden von etwa 55 Prozent erreichen die Experten bei gewickelten Spulen Füllgrade von über 90 Prozent. So lassen sich bei gleich großem Spulenbauraum eine höhere Leistungsdichte und ein größerer Wirkungsgrad erzielen. Soll die Motorleistung gleichbleiben, können durch den höheren Füllgrad sehr viel kleinere Spulen verwendet werden oder bei gleichen Abmessungen Aluminium zum Einsatz kommen. »Dank der neuen Fertigungstechnik ist es möglich, den Bauraum, das Gewicht und den Preis der Spulen signifikant zu reduzieren«, sagt Felix Horch vom IFAM.

Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft