Photovoltaik ist ein wichtiger Baustein für eine regenerative Energieversorgung. Die wirtschaftliche Erzeugung von Solarstrom erfordert aber Solarzellen mit maximalen Wirkungsgraden bei möglichst niedrigen Herstellungskosten. Geht es um technologische Konzepte für derartige Hocheffizienz-Solarzellen, wird oft Phosphor-dotiertes n-Typ-Silizium als Grundmaterial favorisiert. Gegenwärtig ist der Marktanteil von n-Typ-Solarzellen relativ gering, es dominieren Solarzellen aus Bor-dotiertem p-Typ-Material. Eine Ursache liegt darin begründet, dass die Herstellung der benötigten n-Typ-Siliziumkristalle vergleichsweise teuer ist bzw. mit weniger aufwändigen Herstellungsverfahren bislang nicht die erforderliche Materialqualität erreicht werden kann. Kristallzüchtungsexperten vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB in Erlangen wollen das im vom Bundesumweltministerium geförderten Verbundprojekt „HENSi – Hocheffizienz-Solarzellen auf defektreduziertem n-Typ mc Silizium“ ändern. Gemeinsam mit Partnern aus der Industrie und Forschung entwickeln die Fraunhofer-Forscher die wissenschaftlich-technischen Grundlagen für die kostengünstigere Herstellung von n-Typ-Siliziumkristallen mit reduzierter Defektdichte und homogener Widerstandsverteilung.
n-Typ-Solarzellen basieren heute fast ausschließlich auf qualitativ hochwertigen monokristallinen Siliziumkristallen. Diese Siliziumkristalle werden im sogenannten Czochralski-Verfahren aus einer 1400 °C heißen Siliziumschmelze gezogen. Um im resultierenden Kristall gezielt den elektrischen Widerstand einzustellen, wird der Schmelze Phosphor als Dotierstoff zugegeben. Physikalisch bedingt steigt mit zunehmender Prozesszeit die Phosphorkonzentration sowohl in der Schmelze als auch im Kristall an. In der Folge variiert der elektrische Widerstand des Kristallmaterials zwischen Kristallanfang und Kristallende relativ stark. Für die Solarzellenfertigung werden die Einkristalle in Scheiben – so genannte Wafer – geschnitten, die entsprechend unterschiedliche Widerstandswerte aufweisen. Die Herstellung von n-Typ-Solarzellen erfordert Wafer, deren elektrischer Widerstand möglichst einheitlich ist. Durch die Veränderung des elektrischen Widerstands im Kristallmaterial ist daher bei Phosphor-Dotierung im Normalfall die Ausbeute an Wafern, die pro Kristall innerhalb der geforderten elektrischen Spezifikation liegen, geringer als bei der standardmäßig für p-Typ-Material eingesetzten Bor-Dotierung. Daraus resultieren höhere Waferkosten, welche die Markterschließung für n-Typ-Solarzellen erschweren.
Im Projekt HENSi werden die n-Typ-Siliziumkristalle nicht mit dem Czochralski-Verfahren, sondern mit dem kostengünstigeren Verfahren der gerichteten Erstarrung hergestellt. Bei der gerichteten Erstarrung wird das Ausgangsmaterial in einem Tiegel aufgeschmolzen und anschließend durch kontrollierte Wärmeabfuhr kristallin erstarrt. Die so hergestellten Silizium-kristalle sind verfahrensbedingt multikristallin und enthalten Kristallfehler, die bislang verhindern, dass aus diesem Material n-Typ-Solarzellen mit höchsten Wirkungsgraden gefertigt werden können. Zum anderen variiert auch bei der gerichteten Erstarrung von Phosphor-dotiertem Silizium der elektrische Widerstand im Kristallmaterial.
Dr. Jochen Friedrich, Leiter der Abteilung Kristallzüchtung am Fraunhofer IISB in Erlangen, fasst zusammen: „Aufgrund der materialspezifischen Vorteile bilden n-Typ-Solarzellen die Grundlage für die meisten der zur Zeit weltweit in Entwicklung befindlichen Konzepte für High-end-Solarzellen. Der Marktanteil der n-Typ-Solarzellen ist heute noch sehr gering, soll aber gemäß diverser Roadmaps schon in den nächsten Jahren stark ansteigen. Vor diesem Hintergrund gewinnt die kostengünstigere Herstellung von n-Typ-Material höchster Qualität auch eine strategische Bedeutung.“
Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft