Alles zum Thema Energien

Windräder, Solarparks, Biomasse-Anlagen – immer mehr elektrische Energie stammt aus volatilen Quellen. Doch noch sind weder unsere Netze noch Industrie und Privathaushalte auf eine schwankende Stromerzeugung ausgelegt. Intelligente Energiemanagementsysteme ermöglichen robuste Versorgungsnetze und die effiziente Nutzung erneuerbarer Energien. Auf der Hannover Messe (7.–11. April) in Halle 13, Stand C10 stellen Forscher der Fraunhofer-Allianz Energie Lösungen für Energieversorger, kleine und mittelständische Unternehmen sowie Wohnhäuser vor.

„Wind, Sonne oder Biogas – jede Energiequelle hat ihre Stärken und Schwächen. Wenn wir die unterschiedlichen Charaktere der regenerativen Energien geschickt kombinieren, können wir auch künftig die Stromversorgung in Deutschland sicherstellen“, erwartet Dr. Kurt Rohrig, stellvertretender Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES in Kassel. Aber was passiert, wenn statt eines großen Kraftwerks viele verschiedene kleine Produzenten Strom zu unterschiedlichen Zeiten liefern? Ist es dann noch technisch möglich, das Netz stabil zu betreiben? Ja, das haben Wissenschaft und Industrie mit dem Forschungsprojekt »Kombikraftwerk2« gezeigt. Die Idee: Über eine Softwareplattform werden viele kleinere Erzeuger zusammen als ein »virtuelles Kraftwerk« gesteuert.

Softwareplattform führt dezentrale Erzeuger zusammen

Dass dies auch in der Praxis zuverlässig funktioniert, haben die Experten in einem Test demonstriert. Sie haben mehrere Windparks, Biogas- und Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von über 80 MW zu einem virtuellen Kombikraftwerk zusammengeschlossen. Da viele kleine Erzeuger zusammenarbeiten, lassen sich regionale Unterschiede bei Wind und Sonne durch das Stromnetz oder regelbare Biogasanlagen ausgleichen. Überschüssiger Strom wird gespeichert oder in Wärme umgewandelt. So entsteht ein leistungsfähiges Netzwerk, das dezentral organisiert ist, aber nach außen hin – etwa an Strombörsen – als größere Gesamtheit auftreten kann. Mit Hilfe der Softwareplattform lassen sich die im virtuellen Kraftwerk zusammengeführten Anlagen nicht nur verwalten und überwachen, sondern auch die erzeugte Energie vermarkten. „Die Ergebnisse des Projekts »Kombikraftwerk2« belegen, dass auch bei einer vollständigen Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen die Netzstabilität sicher gestellt ist“, fasst Dr. Rohrig die Ergebnisse zusammen. Die dazu notwendigen Steuerungsverfahren und Prognosesysteme bietet das IWES für die Energiewirtschaft an.

Dynamisch agierende Energiemanagementsysteme

Solaranlagen, Anlagen, in denen Produktionsabfälle energetisch genutzt werden – immer mehr Unternehmen erzeugen selbst Energie, um Kosten zu sparen. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg haben dynamisch agierende Energiemanagementsysteme entwickelt. Darüber lassen sich dezentrale Stromerzeuger, Speicher und der aktuelle Stromverbrauch effizient steuern. So entscheidet das in einem Unternehmen installierte System beispielsweise, ob nach Versorgung der Heizung und der Klimaanlage noch genug Energie aus regenerativen Quellen verfügbar ist, um auch noch die Dienstwagenflotte aus Elektrofahrzeugen aufzuladen. Damit das System vollautomatisch arbeiten kann, erfasst man für die Grobplanung zunächst, wieviel Energie an diesem Tag benötigt und wieviel Strom voraussichtlich produziert wird. In der Feinplanung werden die Informationen für die kommenden 15 Minuten bereitgestellt. Für die Vorhersage nutzen die Forscher speziell für die jeweilige komplexe Infrastruktur trainierte neuronale Netze. Das System optimiert aufgrund der Prognose dann den Energieeinsatz für die nächste Viertelstunde automatisch.

„Es ist ein Umdenken von der heute aktuellen verbrauchsorientierten Energieerzeugung hin zum erzeugerorientierten Verbrauch notwendig. Intelligente und dynamische Steuerungssysteme können eine dauerhafte und effiziente Energienutzung gewährleisten“, erläutert Dr. Przemyslaw Komarnicki vom IFF.

Technologien für die intelligente Energienutzung in Wohnhäusern

Solarzellen auf dem Dach und kleine Blockheizkraftwerke im Keller – auch Wohnanlagen werden zu Stromproduzenten. Aber meist reicht die selbsterzeugte Energie nicht aus, um den gesamten Bedarf übers Jahr zu decken. Dann muss Strom hinzugekauft werden – am besten dann, wenn er besonders günstig ist. „Werden selbst erzeugte Energien geschickt mit variablen Stromtarifen und Speichern kombiniert, schafft dies beträchtliche Einsparpotenziale“, sagt Jasmin Specht vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen. Um das zu ermöglichen arbeitet die Fraunhofer Gesellschaft an ihren Instituten IIS, ISE und IWES an der offenen Softwareplattform OGEMA 2.0, auf deren Basis modulare Energiemanagementsysteme effizient entwickelt werden können.

Mit OGEMA 2.0-basierten Energiemanagementsystemen lassen sich Energieerzeuger, -speicher und -verbraucher gezielt steuern. So ist es möglich, eigenerzeugten Strom in Ein- oder Mehrfamilienhäusern sinnvoll zu nutzen, überschüssige Energie zu speichern und später wieder abzurufen. Neben grundlegenden Managementfunktionen kann das System auch mit anderen Teilnehmern des künftig intelligenten Stromnetzes kommunizieren und so einen Beitrag zur Versorgungsstabilität leisten oder in ein virtuelles Kraftwerk eingebunden werden.

Sicheres Energiemanagement per App

Das intelligente Energiemanagement-System lässt sich über verschiedene Bedienoberflächen steuern, die auf dem Smartphone, Tablet-PC oder Rechner laufen. OGEMA 2.0 erlaubt zum Beispiel Apps, die den Nutzer informieren, ob es günstiger ist, den Strom seiner PV-Anlage selbst zu verbrauchen oder einzuspeisen. Diese Apps empfangen aber auch variable Stromtarife und berechnen automatisch, wann und wie die angeschlossenen Geräte z.B. Wärmepumpen, Speicher, Klimaanlagen und auch kleinere Energieverbraucher optimal betrieben werden sollen. Sogar Elektroautos lassen sich über OGEMA 2.0 kostengünstig laden. Der E-Car Communication Manager (ECM) koordiniert die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Ladestationen (Gleich- und Wechselstrom), dem Fahrer und dem Batteriesystem des Fahrzeugs. Auch von unterwegs können die Nutzer via Smartphones sicher auf OGEMA 2.0 zu greifen. Das System verfügt über den höchsten Sicherheitslevel nach Schutzprofilen des BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik).

Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft