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Bei Windparks kommt es durch mangelnde Akzeptanz bei der betroffenen Bevölkerung häufig zu Verzögerungen und/oder zum Stopp der Baumaßnahmen. Damit Planung und Umsetzung besser gelingen, sehen Expertinnen und Experten gezielte Informationsmaßnahmen und Konsultationen mit der Bevölkerung und weiteren Interessensgruppen vor Ort als besonders wichtig an. Im Projekt „WISE Power“, an dem das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI sowie die Deutsche Energie-Agentur beteiligt sind, werden Akzeptanzstrategien und Handlungsempfehlungen entworfen, die für EU-Länder mit unterschiedlich entwickelten Windenergiemärkten gelten sollen.

Ziel des EU-Projekts „WISE Power“ ist, die gesellschaftliche Akzeptanz von Onshore-Windenergie besser zu verstehen sowie geeignete Strategien zum Interessenausgleich zu entwickeln und zu implementieren. So sollen mittelfristig die Planungssicherheit für neue Projekte erhöht und die Planungszeiten verringert werden. Zum Projektkonsortium gehören unter anderem Planungsbehörden, politische Entscheider und Vertreter der Windenergien-Industrie.

Die Projektpartner analysierten zunächst 40 existierende Ratgeber, Anweisungen und Handbücher sowie 15 wissenschaftliche Artikel und Berichte, die sich der Einbeziehung der Bevölkerung in die Planungs- und Umsetzungsprozesse widmen. Auf Basis der neun am besten geeigneten Dokumente wurde für die Projektpartner und externe interessierte Leser ein erstes Überblicksdokument erstellt. Dieses deckt die große Bandbreite an Möglichkeiten zur Interaktion mit den Bürgerinnen und Bürgern ab und bezieht zu beachtende Grundvoraussetzungen und Fallstricke ein. Darüber hinaus wurden Schwächen und Wiedersprüche des analysierten Dokument-Korpus aufgezeigt.

Im Rahmen einer in dieser Form zuvor noch nie erfolgten Expertenbefragung mit 207 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 13 Ländern stellten die Forscherinnen und Forscher jedoch fest, dass die Publikationen den verantwortlichen Akteuren nicht oder nur selten bekannt sind – trotz vieler Verzögerungen und gestoppter Bauvorhaben, die offene Fragen hinterließen. Selbst wenn solche Leitfäden bekannt sind, werden sie oft nicht angewendet, da das Material als zu abstrakt empfunden wird. Darüber hinaus werden oft nicht genug Zeit und Ressourcen für die Anwendung auf den Einzelfall zur Verfügung gestellt. Hierzu erklärt Dr. Elisabeth Dütschke, Projektleiterin am Fraunhofer ISI: „Nur durch die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort auf Augenhöhe sowie die spezifische Bereitstellung von Ressourcen für die Umsetzung bedarfsorientierter Strategien besteht die Chance, flächendeckend Akzeptanz zu erreichen.“

Bezüglich der für die Akzeptanzsteigerung notwendigen Elemente ergänzt Julius P. Wesche, Mitarbeiter im Projekt am Fraunhofer ISI, „dass Projektentwickler und lokale Entscheidungsträger gut beraten sind, auch die das Projekt unterstützende – meist stille – Mehrheit anzusprechen und zu mobilisieren, um die gesamte Breite der Gesellschaft in möglichen Konsultationsprozessen zu repräsentieren.“

Zu den Schwerpunkten des Projekts „WISE Power“ gehört auch die Weiterentwicklung alternativer Finanzierungs- und Beteiligungsmodelle. Aktuell werden oft öffentlich-private Partnerschaften zur Finanzierung genutzt. Mögliche neue Beteiligungsmodelle, die in die Akzeptanzstrategien einfließen werden, sind zum Beispiel institutionalisierte „Bürgerwindaktien“ und Crowdfunding-Elemente.

Zu den nächsten Projektschritten gehört die Entwicklung europaweit anwendbarer Strategien, deren Elemente einzeln justierbar sind und deren Validierung unter anderem in Planspielen erfolgt. Anschließend werden die Erkenntnisse auf europäischer Ebene mithilfe eines breiten Workshop-Angebots interessierten Stakeholdern zur Verfügung gestellt. Dies kommt den Wünschen der Betroffenen entgegen, die in der Befragung den Wunsch nach Wissen und Handwerkszeug in Bezug auf akzeptanzstiftende Maßnahmen kundtaten.

Am Ende des Projekts „WISE Power“ soll eine variabel anwendbare und praxisorientiertere Toolbox mit Handlungsempfehlungen für Vertreter von Gemeinden und Landesbehörden, Projektierer, Netzbetreiber, Bürgerinitiativen, Genossenschaften und NGOs zur Verfügung stehen. Diese wird auf den zunächst analysierten Dokumenten basieren und die im Überblicksdokument aufgezeigten Schwächen und Wiedersprüche beheben. Darüber hinaus werden die in den weiteren Arbeitspaketen generierten Erkenntnisse in die Toolbox einfließen. Damit möglichst viele Akteure die Ergebnisse nutzen können, werden die Handlungsempfehlungen in zehn Sprachen veröffentlicht, zudem werden bis Ende 2016 weitere zielgruppenspezifische Workshops durchgeführt.

Quelle: Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI)