Alles zum Thema Energien

Biogasanlagen produzieren Gas für Wärme, Strom und Fahrzeugantrieb und nebenbei noch Chemikalien, Designer-Dünger. Künftige Anlagen müssen auch noch überschüssigen Strom aus der Wind- und Sonnenenergie in das speicherbare Biomethan umformen, so die Forderung von Dr. Hans Oechsner von der Universität Hohenheim. Insgesamt sei die Branche in einem starken technischen Umbruch. Einen Überblick über Trends und Forschungsansätze gibt der Biogasexperte mit seinem Team auf den Biogas-Infotagen am 13./14. Januar 2016 in Ulm (www.renergie-allgaeu.de).

Schon heute sind Biogasanlagen regelrechte Allrounder: Gefüttert werden sie mit organischen Abfällen wie Gemüse- und Obstreste oder Stroh, tierischen Exkrementen und vor allem mit Energiepflanzen wie beispielsweise Mais, Ganzpflanzensilage von Getreide, Hirse, Sonnenblume und Wiesengras. Daraus produzieren sie nicht nur Biogas für die Wärme- und Stromnetze kleiner Blockheizkraftwerke und gereinigtes Bio-Erdgas für das Erdgas-Netz und Fahrzeugantriebe. In Kombination mit Biogas können auch Plattformchemikalien wie zum Beispiel Milchsäure und Designer-Dünger erzeugt werden. Optimierung und Potenziale: alternative Substrate, bessere Technik und Biogas „Die Anforderungen an Biogasanlagen sind in den letzten Jahren gestiegen“, erklärt Dr. Hans Oechsner, Leiter der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie der Universität Hohenheim.

Dazu gehörten vor allem 3 Bereiche:

• Flexible Stromproduktion aus Biogas sowie die Pufferung von überschüssigem Strom in Form des chemischen Energiespeichers „Methan“: Stromspitzen von Wind- und Sonnenenergie können als Biomethan zwischengespeichert werden.
• Größere Bandbreite bei den Ausgangsstoffen: Die Anbaufläche für Energiepflanzen ist ausgereizt. Hier gilt es, Alternativen zu erschließen.
• Mehr Effizienz von der Aufbereitung bis zur Anlagentechnik: Durch bessere Vorbehandlung und die Optimierung der Anlagentechnik lässt sich die Biogas-Ausbeute weiter erhöhen.

Biogasanlagen als Puffer für überschüssigen Strom

Wind und Sonne sind fluktuierende Energiequellen, das heißt, sie erzeugen nur dann Energie, wenn die Sonne scheint oder Wind weht. Dabei entstehen auch Stromspitzen an überschüssigem Strom, der nicht gespeichert werden kann. Bei Biogasanlagen kann dagegen die Stromproduktion flexibel und an den Bedarf angepasst werden. Eine weitere Lösung ist das System „Power to Gas“ direkt im Bereich der Biogasanlage. Hierbei wird überschüssig produzierte Energie von Sonne und Wind dazu verwendet, Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff elektrolytisch zu trennen. Der Wasserstoff wird in die Biogasanlage eingespeist. Dort nutzen ihn spezielle Methanbakterien zusammen mit Kohlendioxyd und produzieren zusätzliches Methan. Damit wird die Gasproduktion erhöht. Das entstehende Biogas enthält zudem einen höheren Methananteil, was dessen Aufbereitung zu Biomethan erheblich erleichtert. „Dieses Biogas lässt sich je nach Bedarf direkt zur Stromproduktion verwenden oder zu Bio-Erdgas reinigen, in das Gasnetz einspeisen und dort für längere Zeit speichern oder als regenerativer Kraftstoff Erdgas-Autos antreiben“, erklärt Dr. Oechsner. Der Prototyp einer solchen Anlange soll im Zuge eines Forschungsprojekts an der Universität Hohenheim entwickelt werden.

Größere Bandbreite bei den Ausgangsstoffen
Der Hauptanteil der Biomasse für Biogasanlagen komme aktuell von Energiepflanzen, so Dr. Oechsner. Mehr von ihnen für die Biogasanlagen anzubauen, sei jedoch derzeit nicht möglich. „Wir nutzen in Deutschland bereits 11 Prozent der Ackerflächen, um Pflanzen für Biogasanlagen zu erzeugen. Diese Fläche kann nicht beliebig gesteigert werden, da wir die anderen Flächen für die Erzeugung von Nahrung und Futtermitteln benötigen.“
Derzeit gibt es eine Reihe von Forschungsprojekten zu alternativen Ausgangsstoffen für Biogas. Dazu gehören Reststoffe wie Bioabfälle, Pferdemist, Stroh oder Landschaftspflegegras. Ein hohes Potenzial sieht Dr. Oechsner bei den Kommunen und Landkreisen: „Derzeit werden Bioabfälle meist nur kompostiert, wobei keine Energie entsteht. Es gibt in Deutschland über 1.000 kommunale Kompostierungsanlagen aber nur 100 kommunale Biogasanlagen für die Behandlung von Bioabfällen. Dies muss sich schnell ändern. In Stuttgart wird derzeit eine solche Anlage geplant.“

Mehr Effizienz von der Aufbereitung bis zur Anlagentechnik

Außerdem ließe sich der gesamte Prozess der Biogasproduktion noch effizienter gestalten. Das beginne bei Lagerung und Aufbereitung von Substrat. „Eine schlechte Lagerung kann zu einem Ertragsverlust führen. Damit verlieren wir jährlich ca. 10 bis 20 % der Energiepflanzenmasse.“ Neue Ausgangsstoffe wie Pferdemist oder Landschaftspflegegras seien oft sehr faserreich. „Die Biogasanlage kann diese langen Fasern nicht optimal zu Biogas verarbeiten. Hier müssen die Anlagen verbessert werden. Ein Ansatz ist es, wie beispielsweise in einem Forschungsprojekt an der Forschungsbiogasanlage am Unteren Lindenhof untersucht, die Fasern vor Zugabe in den Fermenter mit dem sogenannten Querstromzerspaner zu zerkleinern. Schon nach 30 Sekunden Vorbehandlung steigt die Gasproduktion bei Pferdemist sogar um bis zu 24%.“ Auch die Anlagen selbst seien verbesserungsfähig: „Durch verbesserte Homogenisierungstechnik, optimalem Einsatz von Spurennährstoffen, anaeroben Pilzen oder verbesserte Prozessüberwachung und –regelung können wir eine noch höhere Ausbeute erreichen“, so Dr. Oechsner.

Quelle: Universität Hohenheim